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Dienstag, 14. Dezember 2010

Lebenslange Haft für Mord an Julian

Vier Monate nach dem äußerst brutalen Mord an dem fünfjährigen Julian aus dem niedersächsischen Delligsen ist der 27-jährige Angeklagte vor dem Landgericht Hildesheim zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er den Sohn seiner Lebensgefährtin stundenlang misshandelt und gequält hat. Der Fünfjährige war im August an inneren Verletzungen und schweren Hirnverletzungen gestorben.

Verachtenswert und Brutal

Der Vorsitzende Richter Ulrich Pohl bezeichnete die Tat in der Urteilsbegründung als besonders verachtenswert und brutal. Neben der Verurteilung wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen und besonderer Grausamkeit wurde der 27-Jährige auch wegen mehrfacher Körperverletzung, Nötigung und Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig gesprochen. Etwa drei Stunden soll der 27-Jährige in der Nacht zum 17. August auf den Jungen eingeprügelt und ihn schwer misshandelt haben.
Immer wieder schlug er dabei mit der Faust gegen den Kopf des Jungen und in den Genitalbereich. Pohl sprach deswegen auch von einer "sexuellen Dimension" der Tat. Der Junge habe schwerste Verletzungen am Kopf gehabt, zudem einen Spiralbruch im Unterschenkel und starke Hämatome im Genitalbereich.

Richter: Angeklagter hatte "Lust zu Quälen"

"Er urinierte zudem auf den geschundenen, nackten Körper des Jungen", so Pohl. Auch mit seinem Gürtel soll der 27-Jährige auf den Fünfjährigen eingeschlagen haben. Insgesamt kehrte der Beschuldigte "mindestens achtmal" in das Kinderzimmer von Julian zurück, um ihn weiter zu schlagen. "Er zeigte keinerlei Mitgefühl und nahm den Tod von Julian billigend in Kauf", sagte der Richter.
Vielmehr habe er "Lust am Quälen" des Jungen gehabt. Die Tat habe ihm "Freude und Genugtuung" bereitet, weil er Macht ausüben konnte. Nach der Tat hatte der 27-Jährige den Leichnam des Kindes in Müllsäcke verpackt und in einer Garage versteckt. Gegenüber der Mutter von Julian gab er zunächst an, dass dieser weggelaufen sei.
Zwei Tage wurde deshalb nach dem Fünfjährigen gesucht, bis die Polizei die Leiche des Jungen entdeckte. Als Motiv für die Tat gilt, dass der Angeklagte Julian dazu bringen wollte, gegenüber seiner Mutter, mit der erst seit wenigen Monaten in einer Beziehung lebte, die Schuld an einer Verletzung des Penis bei seinem einjährigen Bruder auf sich zu nehmen.

Vater wollte Schuld an der Tat auf den Jungen schieben

Der 27-Jährige hatte zwei Tage zuvor den einjährigen Lukas an seinem Geschlechtsteil so malträtiert, dass dieser mit einer schweren Verletzung ins Krankenhaus musste. Offenbar wollte der Angeklagte ausprobieren, ob sich der Penis des Kindes "erhärtet", sagte der Richter. Immer wieder habe der Angeklagte die Schuld für seine Taten auf Julian schieben wollen. Dieser habe dies meist "verschüchtert und verängstigt" auf sich genommen.
Pohl sprach davon, dass der 27-Jährige Julian fast täglich geschlagen habe. Während der Hauptverhandlung war immer wieder die Rede davon, dass es in der Familie normal gewesen sei, dass die Kinder den "Arsch voll" bekamen. Der Richter bat deshalb in seiner Urteilsbegründung das Jugendamt darum, die Zustände in der Familie nochmals zu prüfen.
Die Mutter des Kindes, die zur Tatzeit mit dem einjährigen Bruder von Julian im Krankenhaus war, hatte die Erziehungsaufgabe vor der Tat fast vollkommen an ihren Lebensgefährten übergeben. Die Wohnung sei "verdreckt" gewesen und die Kinder wurden "sich selbst überlassen". "Ich denke, es ist angebracht, zu prüfen, ob die Mutter überhaupt geeignet ist, Kinder großzuziehen."

Schweigen vor Gericht

Der Angeklagte hatte zu der Tat vor Gericht geschwiegen, bei der Polizei und einem Sachverständigen hatte er sie aber teilweise zugegeben und sie mit seinem Drogenkonsum gerechtfertigt. Das Gericht entschied aber, dass der 27-Jährige bei all seinen Taten "voll schuldfähig" gewesen ist. Allerdings habe der Beschuldigte eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Deswegen sah die Kammer auch von einer Feststellung der besonderen Schwere der Schuld ab, wie sie die Staatsanwaltschaft zuvor beantragt hatte. Die Verteidigerin kündigte gleich nach der Urteilsverkündung an, in Berufung zu gehen. Sie sprach davon, dass ihr Mandant in der Öffentlichkeit bereits vorverurteilt gewesen sei.