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Freitag, 24. Dezember 2010

Winterchaos sorgt für überfüllte Züge

Vereiste Oberleitungen und umgestürzte Bäume haben den Bahnverkehr an Heiligabend auf wichtigen Routen in Deutschland lahmgelegt. Auf dem Weg zu Familien und Freunden mussten Reisende oft stundenlang in überfüllten Zügen ausharren. Riesenprobleme gab es auf der Strecke Berlin-Hannover. Die Ost-West-Achse zählt zu den wichtigsten Verbindungen im bundesweiten Bahnnetz. Dort war gegen Mittag in Sachsen-Anhalt nur ein Gleis frei, über das ICE-Züge in beide Richtungen gelenkt wurden. In der Nacht zuvor steckten auf der Strecke etwa 725 Reisende in fünf Zügen mehr als fünf Stunden lang fest.

Verspätung mit Dominoeffekt

Etliche Züge fielen aus, viele andere hatten große Verspätungen. Das hatte einen Dominoeffekt: Die Störungen setzten sich bis ins Rheinland und nach Süddeutschland fort. Die meisten Züge waren übervoll, teilweise standen Passagiere sogar in den Wagen der 1. Klasse.
Mit Zusatzzügen hatte die Bahn auf wichtigen Nord-Süd- und West- Ost-Verbindungen verhindern wollen, dass sich das Verkehrschaos der vergangenen Tage fortsetzt. Viele Reisende waren in den Tagen zuvor extra vom Auto oder Flugzeug auf die Bahn umgestiegen.
Die Verbindung von Hannover nach Hamburg war am Morgen fünf Stunden gesperrt, weil Bäume in die Oberleitung gestürzt waren. Schnee und Eis führten auch in Mecklenburg-Vorpommern zu Verspätungen und Ausfällen im Zugverkehr.

Eisregen legt Bahn lahm

Eisregen hatte kurz nach Mitternacht bei Stendal in Sachsen-Anhalt die Stromversorgung in der Oberleitung unterbrochen. Dadurch musste ein Intercity auf freier Strecke anhalten. Das gleiche Schicksal ereilte wenig später vier ICE auf demselben Streckenabschnitt. In allen Zügen habe die Heizung und die Beleuchtung funktioniert, berichtete die Bahn. In dem Intercity erlitt eine Frau einen Schwächeanfall. Ein Arzt kümmerte sich um sie, und sie konnte die Reise fortsetzen, wie ein Bahnsprecher sagte.
Wegen extrem glatter Straßen habe man in Absprache mit dem Technischen Hilfswerk (THW) entschieden, die Züge nicht zu evakuieren. Es hätten keine Busse oder Taxis zum Weitertransport der Fahrgäste bereitgestanden, hieß es. In den Zügen seien auch Speisen und Getränke ausgegeben worden. Eine Reisende berichtete nach der nächtlichen Odyssee in Wolfsburg: "Es gab immerhin Kaffee, und es war sehr warm."
Die vier ICE wurden teils von Dieselloks nach Berlin und Richtung Wolfsburg abgeschleppt, teils konnten sie selbst wieder die Fahrt aufnehmen. Nach einer kompletten Sperrung des Abschnitts Wolfsburg- Berlin gab die Bahn den Verkehr in Richtung Westen gegen 7.30 Uhr wieder frei, später fuhren die ICE in beiden Richtungen abwechselnd über dasselbe Gleis. Intercitys fuhren erst einmal nicht.

Passagiere ergeben sich ihrem Schicksal

Symptomatisch für das Durcheinander war die Ansage eines Zugbegleiters in einem ICE vor Wolfsburg: "Im Moment habe ich noch keine Informationen, wann es weitergeht, wie es weitergeht und wann wir wo ankommen."
Viele wartende Fahrgäste auf den Bahnsteigen nahmen die Situation gelassen oder mit Sarkasmus auf. "Ich hoffe, dass ich heute überhaupt noch ankomme", sagte ein junger Mann am Berliner Hauptbahnhof. "Wir sagen den Verwandten Bescheid, dass wir später kommen, und dann wird eben länger gefeiert", meinte eine andere.
Die Bahnstrecke von Hamburg nach Hannover war von 5.00 bis 11.00 Uhr nicht passierbar, nachdem Bäume und Äste auf die Oberleitung gefallen waren. Der Fernverkehr wurde über Rotenburg (Wümme) umgeleitet, wie ein Bahnsprecher berichtete. Die Züge auf der Nord- Süd-Achse verspäten sich daher um etwa eine Dreiviertelstunde.
In Mecklenburg-Vorpommern machten auch Schneeverwehungen der Bahn zu schaffen. So fuhren zwischen Rügen und Stralsund keine Züge sowie zwischen Züssow und Anklam.

Flugbetrieb in Düsseldorf beeinträchtigt

Am Düsseldorfer Flughafen können seit elf Uhr zwar wieder Flugzeuge starten, der Flugbetrieb erfolgte aber nur über eine Start- und Landebahn, wie ein Flughafensprecher am Freitag mitteilte. Daher müssen Passagiere auch im Laufe des Tages mit Flugausfällen und Verspätungen rechnen. Am Morgen wurden etwa 65 der insgesamt 335 geplanten Starts und Landungen gestrichen, zum Teil auch wegen der Wetterverhältnisse an anderen Flughäfen. In Frankfurt verlief ebenso wie in Berlin und Hamburg der Flugbetrieb zunächst weitgehend normal, wie eine Lufthansa-Sprecherin sagte.

Glätte und umgestürzte Bäume auf den Straßen

Glatteis durch überfrierende Nässe, von schwerem Schnee auf die Straße gedrückte Bäume und nicht fahrbereite Lastwagen haben vor allem im Norden Brandenburgs den Verkehr behindert. Winterliche Störungen gab es am Samstag vor allem in der Prignitz und Ostprignitz-Ruppin. Mittags wurden auch rund um Berlin einige Straßen nach Nieselregen und Temperaturen um den Gefrierpunkt glatt, berichtet der Deutsche Wetterdienst in Potsdam.
Auf der Autobahn A9 gab es zwischen Niemegk und Klein Marzehns (Potsdam-Mittelmark) wegen glatter Fahrbahnen vormittags binnen kürzester Zeit sieben Unfälle. Durch demolierte Autos und Staus wurden Streufahrzeuge beim Einsatz behindert. Die Polizeipräsidien in Potsdam und Frankfurt (Oder) meldeten bis zum Mittag mehr als 100 Unfälle. Dabei wurden 13 Menschen verletzt. Es gab allerdings keine Schwerverletzten. Am Donnerstag registrierte die Polizei 247 Unfälle mit 12 Verletzten.
Die Meteorologen kündigten für den Nachmittag am Heiligabend und in der Nacht zum 1. Feiertag in ganz Brandenburg Schneefälle an. Es müsse mit einer Neuschneedecke von zwei bis zehn Zentimetern gerechnet werden. Im Süden des Landes könne es auch noch am 1. Feiertag vormittags schneien. Dort seien bis zu 15 Zentimeter Neuschnee möglich.
Am 1. und 2. Weihnachtstag werde es kälter. Die Temperaturen sollen zwischen minus zwei bis sechs Grad liegen. Nachts werde es regional auch minus zehn Grad geben. Allerdings könnte zeitweise auch die Sonne scheinen und zu einem Spaziergang durch frostig-weiße Landschaften einladen.